Seine Wurzeln hat er in der IT, um einige Jahre später die Welt der Computer hinter sich zu lassen und Pflanzenexperte zu werden. Manuel Gmür, Mitarbeiter Pflanzenservice, im Gespräch über spezielle Nachteinsätze, Trauermücken und Pflanzen als individuelle Lebewesen.
Von Codes zu Chlorophyll – Sie haben nicht immer mit Pflanzen gearbeitet. Erzählen Sie uns von Ihrem Weg zu Hydroplant, Manuel Gmür.
Ursprünglich habe ich meine Erstausbildung in der IT gemacht, denn ich wollte immer an Computern schräubeln. Doch im Laufe der Zeit spürte ich das Bedürfnis nach Veränderung – weg von reinen Bürotätigkeiten. Also entschied ich mich für eine zweite Ausbildung im Bereich Pflanzenproduktion, wo ich meine Begeisterung für tropische Zierpflanzen entdeckte, die aufgrund ihrer speziellen Formen und Farben eine besondere Faszination auf mich ausübten. Nun bin ich seit fast vier Jahren bei Hydroplant tätig. Gärtner stand übrigens schon immer als alternative Berufswahl zur IT im Raum.
Spannend. Sie sind vor wenigen Stunden von einem ausserordentlichen Nachteinsatz zurückgekommen – was stand an?
Ja, das war eine kurze Nacht. Wir waren im Circle am Flughafen Zürich und haben eine grosse Pflanzenwand gepflegt. Um die Vertikalbegrünung bearbeiten zu können, mussten die Tramleitungen abgestellt werden, damit wir mit den Hebebühnen hochkommen und es nicht plötzlich Probleme mit der Spannung gibt. Das ist nur nachts möglich.
Wie lange hat der Einsatz gedauert?
Wir waren um 21 Uhr vor Ort und sind um 5 Uhr morgens wieder heimgefahren. Es wurde alles zurückgeschnitten, die Logos in der Wand sauber freigestellt. Über den Winter sterben Blätter ab und werden braun, diese müssen im Frühling entfernt werden. Da es dieses Jahr bereits zu früh sehr warm war, sind die neuen Triebe schon recht weit – das kann dann in der Pflege etwas länger dauern.
Sie sind Teil des A-Teams – was bedeutet das?
Wir sind insgesamt sechs Personen, die eine spezielle Ausbildung im Bereich Hebebühnen und Sicherung haben, um solche Spezialeinsätze in der Höhe zu machen.
Ihr Arbeitsalltag klingt sehr grün. Wie oft haben Sie tatsächlich mit Pflanzen zu tun?
Ja, mein Alltag ist schon sehr grün, aber ich bin auch immer wieder mit dem Auto von Auftrag zu Auftrag unterwegs. Da ich primär im Raum Zürich tätig bin, hält sich das aber in Grenzen. Wenn ich dann vor Ort bin, zum Beispiel für einen Hauptservice, stehen natürlich allerlei Aufgaben an: Pflanzen schneiden, aufbinden, entstauben, auf Schädlinge prüfen, das Wasser wechseln, … Und neben der Pflege der Pflanzen ist da noch der technische Aspekt mit der Wartung der Pumpen und Steuerungen.
Wie häufig seid ihr vor Ort und pflegt diese Begrünungen?
In der Regel ist eine gewisse Anzahl an Pflegeservice-Terminen vertraglich vereinbart. Durchschnittlich sind es bei Aussenpflanzen zwei bis drei pro Jahr – meistens Frühling, Sommer, Herbst. Bei Indoor-Anlagen führen wir oft zwei Services pro Jahr durch. Natürlich kann dies je nach Kundenwunsch variieren – manche wünschen mehr Service-Termine, andere weniger oder nur nach Bedarf.
Arbeiten Sie lieber mit tropisch-exotischen Pflanzen oder mit einheimischen Arten?
Beides hat seinen Reiz. Mein beruflicher Schwerpunkt liegt zwar im Indoor-Bereich mit exotischen Pflanzen, aber in meinem eigenen Garten setze ich gerne auf heimische Arten. Mir gefällt besonders, wie Pflanzen in hochwertig gestalteten Büros eine lebendige, natürliche Komponente einbringen und so eine interessante Kontrastwirkung erzeugen.
Welche Skills und Eigenschaften kommen Ihnen bei der Rolle als Mitarbeiter Pflanzenservice zugute?
Ich bin sehr genau und detailorientiert. Das ist im Aussenbereich nicht immer hilfreich oder sinnvoll, wenn man jedes Blättchen anschauen will. Aber im Innenbereich ist es anders. Da ist auch die Erwartung eine andere, alles soll schön aufgeräumt und sauber wirken. Ausserdem kommen mir mein ruhiges Gemüt sowie meine Begeisterung für Pflanzen zugute. Ich probiere auch gerne mal etwas aus, versuche Sprösslinge zuhause zu ziehen oder teste unterschiedliche Substrate. Da bin ich sehr experimentierfreudig.
Wie viele Pflanzen besitzen Sie? Dürfen wir uns einen kleinen Dschungel vorstellen?
Ich hatte schon bis zu 120 verschiedene Pflanzen zuhause – darunter ganz viele kleine Stecklinge. Im Laufe der Zeit mussten wir jedoch einige davon verschenken oder entsorgen, da sich unsere Wohnsituation geändert hat und wir nicht mehr genug Platz oder die ideale Umgebung bieten konnten. Aber ja, bei uns daheim ist es immer noch sehr grün.
Keine Trauermücken?
Nein. Der Trick ist, die Pflanzen nicht zu nass zu halten, die Erde mit Sand abzudecken oder mit Substraten zu arbeiten. Einige schwören auf umgedrehte Streichhölzer in der Erde. Aber das hat bei mir nicht geklappt .
Was ist das 1×1 für Anfänger*innen – teilen Sie Ihr grünes Wissen.
Also, wenn ich mir anschaue, woran die meisten Pflanzen kaputtgehen – im privaten Umfeld – dann, weil die Pflanzen ertränkt werden. Mehr Wasser ist nicht immer besser. Ausserdem ist es wichtig zu verstehen, dass Pflanzen sehr individuelle Bedürfnisse haben und als Lebewesen betrachtet werden sollten.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Job?
Definitiv der direkte Kontakt mit Pflanzen und die Vielfalt, die sie bieten. Wir haben beispielsweise auch schon Bauwände bepflanzt. Das war ein echter Blickfang und tat dem Stadtbild, respektive dem Baustellenbild echt gut. Speziell toll an diesem Job finde ich auch, dass wir sehr frei sind in der Planung. Wir wissen Anfang Woche, welche Aufgaben anstehen und können unsere Termine dann selbst mit den Kundinnen und Kunden koordinieren.
Welche Challenges gibt es in Ihrem Job?
Die Herausforderung kann darin bestehen, alle Wünsche zu erfüllen, die jemand hat. Und sie dann aber so zu erfüllen, dass es auch «verhebt». Manchmal ist es so, dass jemand ein genaues Bild vor Augen hat und es genau so umgesetzt haben will, obwohl es nicht ganz optimal ist. Hier ist dann Überzeugungsarbeit gefordert – das kann anspruchsvoll sein.
Und was macht ihr, wenn ihr merkt, dass eine Pflanze gar nicht mehr happy aussieht?
Es hängt von der Situation ab. Wenn eine Pflanze nicht mehr zu retten ist, dann ersetzen wir sie. Normalerweise nimmt man eine alternative Pflanze oder schaut, ob ein anderer Standort besser ist. Bei mir zuhause versuche ich wirklich jedes Pflänzchen aufzupäppeln, auch wenn es schlecht aussieht. Bei Kundinnen und Kunden ist dies schwieriger. Da kann man ein Pflänzchen, dass nur noch aus ein, zwei Blättern besteht, schlecht stehen lassen. Wenn etwas nicht funktioniert hat, dann bringen wir es auch mal hierher in die Gärtnerei. Da wird es untersucht, um die genaue Ursache des Problems zu ermitteln und um daraus zu lernen.
Werfen wir einen Blick über den eigenen Garten hinaus: Weshalb benötigen wir mehr Pflanzen im Alltag, insbesondere in städtischen Gebieten?
Die Bedeutung von Begrünung in Städten, sei es an Fassaden oder auf Dächern, ist mittlerweile durch umfangreiche Forschung belegt. Da geht’s unter anderem um Wärmedämmung, um Einsparungen in puncto Strom, welchen wohltuenden Effekt Begrünung auf die Psyche hat und natürlich, dass es einfach schön aussieht. Angesichts der Klimaerwärmung sind neue Lösungen gefordert, und die Integration von Grünflächen in Städten kann eine davon sein.
Zurück in den eigenen Garten und in die eigenen vier Wände: Haben Sie eine Lieblingspflanze?
Die Antwort muss ich aufdröseln in: ästhetische Vorlieben, Nutzen und Pflegeaufwand. Für die Pflege schätze ich besonders die Zamioculcas, auch bekannt als Glücksfeder. Sie ist eine robuste, dekorative Indoor-Pflanze. Als Nutzpflanze mag ich Beeren sehr. Und ästhetisch betrachtet fasziniert mich die Lupine mit ihren bunten, imposanten Blüten.
Schön, das klingt aber auch giftig…
Natürlich sind viele Pflanzen giftig, aber viele auch nicht. Wenn man über eine Wiese läuft, dann hätte man nach hundert Metern einen Salat zusammen. Vielleicht ist es nicht der Schmackhafteste für unseren Gaumen – weil wir nicht mehr an die Bitterstoffe gewöhnt sind. Doch die Vielfalt und Fähigkeit der Natur, uns immer wieder zu überraschen, begeistern mich an der Pflanzenwelt.